Offener Brief

Vermutlich ist es jedem, der diesen Beitrag liest schon einmal so gegangen, dass er einen Kommentar kassiert hat – in der virtuellen oder noch ganz persönlichen Welt – den er schwer hat begreifen können.

Mir ist das nun wirklich nicht das erste Mal passiert. Ich bin damit umgegangen wie immer: ich habe mich gefragt, ob es eine Chance gibt, mit dem Urherber dieser Aussage ein vernünftiges Gespräch – meinetwegen auch eine Diskussion – zu führen, oder nicht. Ich war sicher, dass es keinen Zweck hat, habe den Kommentar gelöscht und wollte es vergessen.

Mich beschäftigt dieser Kommentar jedoch Tage später noch immer nachhaltig. Und das obwohl ich ihn nicht mal mehr wortgetreu wieder geben kann. Es war eine Reaktion einer alten Freundin (!) auf einen Post zu einer meiner Namibiageschichten. Sinngemäß wurde inhaltlich so etwas geäussert wie: „Wie kann man nur so sinnlos Tiere tot schießen“ und „das ist alles andere als etwas worauf man stolz sein kann“. Ich habe den Kommenar gelöscht und habe danach auch festgestellt, dass die „Freundschaft“ auf Facebook aufgelöst worden ist. Okay, klares Statement.

Allerdings habe ich mich im Laufe der letzten Tage viele Dinge gefragt. Unter anderem dazu wie ihr Leben wohl aussieht. Ich weiss, dass sie einen treuen Gefährten auf vier Pfoten besitzt. Was sie diesem über 30 Kilogramm schweren Hund wohl täglich zu Fressen gibt? Karotten? Oder Zucchini?

Ich weiss, dass sie seit Jahren als in einem Beruf arbeitet, in dessen Ausübung sie inwischen wohl hunderte Essen und Caterings geplant und organisiert hat. Ob die Menüs da wohl immer ohne Fleisch ausgekommen sind? Oder muss für bestelltes Essen nichts und niemand sterben? Leiden die Tiere in Massentierhaltung weniger wenn sie später in chicen Kleidern in romantisch verklärter Stimmung verzehrt werden?

Ob sie wohl selbst noch Fleisch isst? Selbst wenn nicht, würde ich die inzwischen längst ausgeleierte „Veganer-Sinnlosigkeits-Debatte“ führen müssen, wobei mir mittlerweile langweilig ist.

Ich will niemanden verurteilen, der über bestimmte Vorgänge nicht informiert ist. Nicht jeder muss sich mit Jagd, Hege, Wildschäden, Raubwild, Landwirtschaft, Biotopen, Seuchenprävention oder der waidgerechten Fleischgewinnung beschäftigen. Und schon gar nicht mit dem Leben von Mensch und Tier irgendwo zehn Flugstunden weiter südlich in Afrika. Ich selbst hatte bis vor ein paar Jahren keine Ahnung von Vielem, was ich bis heute kaum durchschaue, inzwischen aber wenigstens verstanden zu haben glaube, dass es kompliziert ist. Jedenfalls ist es wohl nicht ganz so einfach, wie es sich manche Veganer oder Vegetarier, Tierrechtler oder Möchtegern-Gutmenschen machen. Weil sie so besser vielleicht schlafen können.

Liebe ehemalige Freundin: glaub du gerne, dass ich ein schlechter Mensch bin, weil ich „nach Afrika fliege um Tiere abzuknallen“.

Dabei solltest du aber zumindest die gesicherten Fakten kennen:

  1. Seitdem ich jage, habe ich kein einziges Mal mehr im Supermarkt Fleisch gekauft. Weder Bio- noch Massentierhaltungserzeugnisse. Wie oft warst du Fleisch einkaufen?
  2. Seitdem ich den Jagdschein habe, grille ich mir Fleisch auf dem Grill oder in der Pfanne zuhause. Ich habe in den letzten zwei Jahren etwa fünf Mal im Restaurant Rindfleisch bestellt und gegessen.
  3. Nicht ein einziges Mal habe ich Hähnchen oder Pute gegessen. Die ganzen Eier, die ich esse, bekomme ich von einem Freund. Seine Hühner rennen bei ihm auf der Wiese rum.
  4. Mein Tiefkühler ist randvoll mit Fleisch. Ja genau. Von Tieren, die ich „selbst abgeknallt“ habe. Nachdem sie in der Natur geboren wurden (und nicht in einem lauten und stinkenden Stall), nachdem sie ein Leben in Freiheit und Frieden gemäß ihrer Bestimmung geführt haben. Bis ich sie mit einem gezielten Schuss erlegt habe, den Schuss, den sie hoffentlich nicht einmal mehr gehört haben. Sofern nicht irgendjemand ein Stück Wild aus einer geheimen Massentierhaltung mir vor die Büchse gestellt hat, entspricht das der Wahrheit.
  5. Das Fleisch, welches aus dem Hartebeest-Bullen, den ich in Afrika erlegen durfte, gewonnen wurde, wurde KOMPLETT verwertet. Was hier alles gegessen wird, da würdest du höchstwahrscheinlich nur angeekelt die Nase rümpfen. Die Menschen dort, sind nachts in die Küche gelaufen und haben erfreut über dem Kochtopf gehockt, indem das Gehirn garte. Die Menschen, die mich bei der Jagd begleitet haben, haben den Pansen noch am Ort der Erlegung ausgewaschen, um ihn nachher zu verzehren. Aber klar: ich knall nur Tiere ab. Zum Spaß. Leb du gerne weiter in deiner Welt. Für mich ist das kein Problem. Aber wenn du keine Ahnung von dem hast, was ich oder andere Jäger tun, dann nimm Abstand davon, mich zu beleidigen oder zu verurteilen. Du darfst gerne jederzeit nachfragen. Aber halte dich an Anstandsregeln.
  6. Ich bin sicher kein besserer Mensch als du. Aber auch kein schlechterer.
  7. Ja. Ich bin stolz. Ich bin sehr stolz Jägerin zu sein. Aus einer Vielzahl von Gründen, die ich nicht alle in einem einzigen Beitrag wiedergeben kann.
  8. Und ja. Es macht mir Spaß. Ich stehe auch dazu. Weil ich der Überzeugung bin, dass die Jagd und der Jagdtrieb zur menschlichen Natur gehören wie andere Triebe auch.

Und hier noch eine kleine Bebilderung der Wahrheit:


6 Gedanken zu “Offener Brief

  1. Besser hätte man es nicht schreiben können Corinne! Du hast es auf den Punkt gebracht… ich bin immer wieder erstaunt wie unwissentliche Leute über die Jagd urteilen, mit Argumenten, die sie möglicherweise irgendwo im Netz aufgeschnappt haben oder sich selbst bilden. Reflektierte Kritik sieht anders aus.
    Weiter so:)

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  2. Servus Corinne!
    Dein Statement ist vollkommen richtig und perfekt formuliert.
    Wie andere es bereits erwähnt haben, werden die Jäger mit solchen und ähnlichen Aussagen des Öfteren konfrontiert. Auf dem Land weniger als in der Stadt, jedoch gibt es hier Ausnahmen.
    Vor ca. 10 Jahren wurde ich einmal in der Werkskantine von einer Bekannten als, nennen wir es „bösen Jäger“ hingestellt. Die Frage, warum sie dann das Hirschragout gewählt hat wurde nicht beantwortet, führte aber zu einigem Schmunzeln bei den anwesenden Personen.

    Weidmannsheil aus Österreich.

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  3. Mich hat der offene Brief sehr berührt – ich selbst bin Angler, Jäger und erklärter Naturschützer. In dieser verkorksten Welt scheinen die Werte völlig abhanden gekommen sein. Na ja – ich wünsche dir Weidmannsheil und viele schöne Jagdmomente. Und – ja – auch ich stehe vor einer großen „Ent-Scheidungen“ 😉

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