Die Entstehungsgeschichte
Was für ein Zufall! Gerade heute, als ich vorhatte diesen Beitrag hier zu verfassen, zeigte mir Facebook beim morgendlichen Kaffee eine Erinnerung an:
Genau. Im Januar 2016 habe ich meine ersten Schüsse aus einer Langwaffe abgegeben. Ein Freund von mir hatte mich überredet, mit zum Schießstand zu kommen. Ich erwog zu diesem Zeitpunkt bereits den Jagdschein zu machen, war mir aber unsicher, ob ich mit meiner kaputten rechten Schulter überhaupt würde schießen können.
Beim einem Unfall 2008 wurde die Gelenklippe im Schultergelenk (Labrum) abgerissen. Zwar erfolgte eine Operation, bei der es wieder angenäht worden ist, dies hielt allerdings nur sechs Wochen. Seither laufe ich ohne intaktes Bändchen herum, was zur Folge hat, dass ich mir relativ leicht die Schulter auskugele. Inzwischen ist das alles jedoch so lose, dass ich sie – wenn auch unter Schmerzen – meistens selbst wieder einkugeln kann.
Daher fragte ich mich damals, ob ich den Rückstoß in der Schulter überhaupt aushalten würde, oder ob mir sogar die Schulter „rausfliegen“ würde.
Ich hatte ja insgeheim gehofft, wir wären auf dem Schießstand unter uns. Aber leider war dem nicht so. So ganz und gar nicht. Der Jagdschulleiter – ein Freund des Kumpels mit dem ich da ankam – war mit seinem ganzen Jagdkurs da. Vor allem männliche Teilnehmer natürlich. Ich war ja ohnehin schon ordentlich aufgeregt, das erste Mal mit einer Langwaffe zu schießen. Dazu die Sorge wegen meiner Schulter. Und nun also unter den Augen von acht männlichen Augenpaaren? Nur etwa zwei bis drei Meter hinter mir?
Dies war der allererste Zeitpunkt, zu dem ich meine von altbewährten Techniken und Strategien auch beim Schießen eingesetzt habe. So gelang es mir, ruhige Schüsse abzugeben, die am Ende vom Jagdschulleiter mit folgendem Kommentar in Richtung Jagdschüler quittiert wurde: „Tja Jungs, da könnt ihr euch wohl ne Scheibe von abschneiden, was?!“
Nicht ganz ohne Stolz fotografierte ich schnell das Schussbild und zog grinsend von dannen. Zum einen freute ich mich, dass ich die „Beobachter“ beim Schießen so gut ausblenden konnte, zum anderen natürlich, dass der Rückstoß der Waffe für meine Schulter überhaupt kein Problem darstellte. So war der Weg frei! Am selben Tag meldete ich mich für den Jagdscheinkurs an, der im März startete.
Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass ich beim Schießtraining mit der Flinte durch die Hölle würde gehen müssen. Als ich das erste Mal auf dem Tontaubenstand einen Schuss abgab, sah ich beinahe Sternchen vor Schmerzen. Diverse Waffen wurden durchprobiert, keine passte und verursachte daher weiterhin unsägliche Schmerzen. Ein Kurskollege – Arzt von Beruf – tapte mich sogar für jedes Schießtraining. Bis zum Tag der Prüfung. Dass ich bis zu diesem Tag kaum Tauben getroffen hatte, versteht sich fast von selbst. Entsprechend schlecht war also die Ausgangssituation, um die Schießprüfung zu bestehen. Aber dem nicht genug: Der Schießtrainer hatte es gut gemeint, und für mich extra eine seiner privaten Waffen mitgebracht, weil er der Überzeugung war, damit müsste es besser gehen. Ich betrat also mit einer wieder neuen Waffe am Prüfungstag den Stand. Ich bediente mich ungefähr jeder meiner mentalen Techniken und war trotz allen Störfaktoren daher innerlich recht gut zurecht. Aber dann passierte wirklich der Supergau: Nachdem ich den ersten Schuss abgegeben (und die Taube getroffen) hatte und die Waffe öffnen wollte, warf die Flinte die verschossene Patrone nicht aus. Nicht nur das, die Hülse war auch noch verklemmt, sodass ich sie nicht rausbekam. Wie ich es gelernt hatte, meldete ich also die Waffenstörung dem Prüfungsleiter. Ich versuche mich jetzt diplomatisch auszudrücken: er war nicht sonderlich freundlich. Dennoch schaffte er es, nach einigem „Herumknibbeln“, die Hülse zu entfernen. Ich solle damit weiterschiessen.
Dieser Vorgang wiederholte sich bei jedem Schuss. Ich denke ich brauche niemandem erklären, was das mit den Nerven eines Prüflings anstellen kann. Dennoch gelang es mir, mich für jeden einzelnen Schuss neu zu sammeln und zu konzentrieren. Ich habe nicht einmal mitbekommen, dass ich nach sieben Schuss die notwenigen fünf Treffer erreicht hatte. Das sagte man mir lachend nach Beendigung der Prüfung.
Obwohl die ersten Zeiten, die ich mit einer Flinte in der Hand verbrachte, nun wirklich keine leichten und schmerzfreien waren, beschlich mich die Ahnung, dass mir das Tontaubenschießen großen Spaß machen könnte. Wenn denn die Schmerzen nicht wären. Ein guter Freund schickte mich mit diesem Problem zu Rolf Schönlein. In einem anderen Beitrag habe ich bereits über die Beretta Silver Pigeon (siehe Equipment) geschrieben, die er mir in Handarbeit passend machte. Damit war das Problem gelöst und unglaublich tollen Schießtagen mit Menschen, die zu Freunden wurden, auf diversen Schießständen des Landes stand nichts mehr im Wege.
Auch an anderer Stelle habe ich darüber geschrieben, dass ich so verrückt war, beim Blaser Cup in Coesfeld teilzunehmen, nachdem ich gerade einmal vier Mal mit meiner neuen Beretta geschossen hatte. Und zu diesem Zeitpunkt holte ich mir derart dicke Backen, dass ich von ärztlichen Kollegen in der Klinik gefragt wurde, ob denn wohl „zuhause alles in Ordnung“ sei. Bedeutet also, nach etwa 30 Schuss waren die ersten Trainingseinheiten für mich auch vorbei. Natürlich hatte ich einen „riesen Bammel“, als völliges Greenhorn an diesem Wettbewerb teilzunehmen. Aber auch da halfen mir wieder meine altbekannten Techniken und ich hatte einen Riesenspaß.
Ich trainierte daher fleißig weiter und mit der Zeit kam dann auch der Ehrgeiz dazu. Ich setzte mir (realistische) Ziele und erarbeitete mir Methoden, die ganz individualisiert für mich hilfreich waren. Beispielsweise störende Gedanken „abzustellen“, das Gefühl des „beobachtet und beurteilt“ -werdens abzubauen. Entspannungstechniken, für Situationen, in denen ich merkte, dass das aktuelle Anspannungsniveau bzw. die Nervosität meine Leistung mindern würde. Strategien, die Leistungsfähigkeit über einen ganzen Wettkampftag konstant zu halten etc. pp. Die Liste wäre ziemlich lang, würde ich alles ausführen.
Manchmal sah man mir wohl an, dass ich da „irgendwas mache um mich zu konzentrieren“, sodass ich ab und zu danach gefragt worden bin.
So kam es, dass ich mich irgendwann fragte, ob es denn im Flintensport in Deutschland eigentlich gar keine gut ausgebildeten Sportpsychologen gibt. Ich begann mich zu informieren und stellte fest, dass mentales Training beispielsweise in England unter den erfolgreichen Flintenschützen fester Bestandteil des Gesamttrainingsplans ist. In Deutschland wiederum, scheint es niemanden zu geben, der Diplompsychologe und approbierter Psychotherapeut ist (also die gesamte Palette an „Handwerkszeug“ hat) und zudem selbst aktiver Schütze ist. Damit also konkret weiß, welchen Herausforderungen sich Schützen gegenübergestellt sehen. Es reifte die die Vision heran, diese Lücke zu schließen, indem ich mich – auf der Grundlage meiner umfassenden psychologischen und therapeutischen Ausbildung – auf die Unterstützung von Sportschützen spezialisiere. Eine Vielzahl von Trainings und Coachings wurden durchgeführt und das Interesse von Schützen, Jägern und Jagdscheinanwärtern wurde immer deutlicher wahrnehmbar. Um diejenigen, die sich für Mentaltraining, ein Coaching oder eine Beratung interessieren, zu informieren, haben wir daher die Homepage http://www.trigger-training.com erstellt. Inzwischen stellt die Arbeit mit (Sport-) Schützen, Jungjägern, Jagdscheinanwärtern und Jägerinnen den Schwerpunkt meiner beruflichen Tätigkeit dar.
In „Why Trigger Diary“ habe ich beschrieben, wie sehr der Jagdschein mein privates Leben verändert und mich glücklich gemacht hat. Die Geschichte von „Trigger Training“ setzt Erstere fort. Auf professioneller Ebene.