Der erste Rotspiesser

Bald ein Jahr ist es nun her und ich habe das dringende Bedürfnis, dieses Erlebnis noch aufzuschreiben. Schliesslich war es etwas ganz Besonderes. Ein Moment, der sich für immer in mein Gedächtnis eingebrannt hat, aber auch einer, den ich hier im Tagebuch festhalten möchte, damit ich mich später auch noch an Details erinnern kann.

Oktober 2016. 174 Ansitzstunden hatte ich auf der Jagd nach einem Rothirsch in diesem Sommer hinter mir. Es waren wundervolle Stunden, Momente der Aufregung, der Spannung aber auch der Ruhe und Stille. Den Hirsch, auf den ich angesessen habe, den ich freigegeben bekommen habe, habe ich einmal kurz gesehen. Ich konnte gerade erkennen, dass es „der Richtige“ war, aber für einen sicheren Schuss war es zunächst viel zu weit und als er in Schussentfernung war, weitaus zu dunkel.

In dieser Phase kam ein Anruf. Ob ich nicht Lust hätte am Wochenende bei einem Flintenturnier in einer Mixed-Wertung mitzuschiessen (Herren und Damen gemischt) es würden dringend noch Damen gesucht. Ich erklärte, dass ich mich erneut auf „meinen Hirsch“ ansetzen wolle. Nach einigen Sätzen hin und her beschloss ich aber doch zum Flintenschiessen zu gehen. Die Chance auf den Hirschen rechnete ich mir inzwischen ohnehin nicht mehr besonders hoch aus.

mit Ferdi

Nach einem erfolgreichen Schiessturnier rief mich mein „Schützenpartner“ und Jagdfreund an und lud mich ein, bei ihm im Revier auf einen Rotspiesser zu waidwerken. Ich müsse mich aus organisatorischen Gründen aber zügig entscheiden. Was soll ich sagen? Eine Stunde später sass ich im Auto.

In der Eifel angekommen gab es zunächst einen Kaffee und belegte Brötchen in der Erwartung, dass man sicherlich einige Stunden beim Ansitz verbringen würde. Ausserdem zeigte Ferdi mir ein Bild es Spiessers, welches von der Wildkamera aufgenommen worden war.

Spiesser

Dann fuhren wir los. Bevor wir zum Hochsitz gingen, zeigte mir mein Jagdfreund noch eine Stelle, von der aus man einen Hügel überblicken konnte. Ich schaute durchs Fernglas, wobei mir Selbiges fast wieder aus der Hand gefallen wäre. Mehrere Rudel Rotwild, darunter einige imposante Hirsche. Bei diesem Anblick hätte ich auch gut wieder nach Hause fahren können und wäre absolut zufrieden gewesen. So etwas hatte ich bis dahin noch nicht gesehen.

Ziemlich geflasht gingen wir dann aber dennoch leise zum Hochsitz. Ferdi war nun oben angekommen, sodass ich ebenfalls die Leiter hoch ging. Gerade wollte ich mich neben ihm auf die Bank setzen, da sah ich ihn im Augenwinkel durch das noch geschlossene Kanzelfenster stehen: der Rotspiesser! Wir konnten beide kaum glauben, dass er so früh schon auf die kleine Grünfläche mitten im Wald austrat. Ich lud also meine Waffe und er öffnete leise das Fenster. Ich zitterte zunächst wie Espenlaub vor Aufregung und auch Sorge, dass der Hirsch das Öffnen des Fensters mitbekäme. Schliesslich stand er auf gerade mal etwa 40 Meter Entfernung. Er war ganz ruhig am Äsen und stand auch noch breit. So legte ich also meine Waffe auf, bekam ihn sofort perfekt ins Glas und… liess fliegen. Mein Jagdfreund hatte ohne dass ich es mitbekommen hatte, schliesslich war ich total fokussiert und konzentriert, ein Video gemacht. Was war ich glücklich! Nicht nur, dass ich gerade einen Rotspiesser erlegen durfte, nein, ich hatte meine erste Rotwildjagd sogar auf Bewegtbildern festgehalten bekommen!

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Der Spiesser lag im Knall und ich war unheimlich erleichtert. Wir gingen nach einigen Minuten des Durchatmens zum Stück. Während Ferdi das Fahrzeug zum Bergen holte, konnte ich in aller Ruhe mein Ritual durchführen. Ich erklärte dem Stück in Gedanken was geschehen war und sprach meinen Dank aus.

Natürlich machten wir ein paar Fotos bevor wir ihn auf die Ladefläche zogen und nach Hause fuhren.

Hirsch 2 bearbeitet

 

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Zurück bei Ferdi zuhause gabs für Cheetah dann nach dem Aufbrechen einen Vorderlauf und für uns einen leckeren Salat mit einem Glas Rotwein.

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Einige Tage später hatte ich dann bestes Wildfleisch zerwirkt und in kleinen Portionen einvakumiert zuhause. Was war ich glücklich.

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Ich besorgte ein paar Zutaten, zündete eine Kerze für den Hirsch an und bereitete ein leckeres Essen zu. Die Stückchen, die ich vom Fleisch abgeschnitten hatte, bekam Cheetah, auch für sie: ein Festmahl.

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Eine Keule hat mir ein guter Freund zum Schinken fertig gemacht. Unglaublich lecker…

Darüberhinaus hat mir der Metzger Salami gemacht. Zwar hatten mir viele davon abgeraten, aus reinem Hirschfleisch Salami machen zu lassen. Aber unter Beimischung von etwas Hausschwein finde ich die Salami sensationell! Manchmal lohnt es sich, den eigenen Kopf durchzusetzen…

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Bald bekam ich von einem guten Freund auch die Trophäe. Er hatte sie für mich abgekocht und auf ein Brettchen gemacht. Sie hängt jetzt direkt rechts an meiner Eingangstür, sodass ich sie immer sehe wenn ich das Haus verlasse. Oft genug entlockt mir der Anblick ein zufriedenes, glückliches Lächeln in Erinnerung an diesen tollen Tag.

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