Vor noch nicht allzu langer Zeit drehten sich meine Gedanken öfters ums Essen. Um die Frage, wie man sich denn „richtig“ oder „gesund“ ernährt. Beeinflusst wurden solche Überlegungen auch von diversen Fitnessheftchen oder Stars-, Fashion- & Beautymaganzinen. In derartigen Beiträgen wird Essen ja gerne mal zerteilt in Eiweisse, in gesunde und ungesunde (böse!) Fette und in Kohlenhydrate (noch böser). Es werden Trainingspläne erstellt und empfohlen, und es gibt Hinweise bzw. „Zeitpläne“ wann überhaupt was gegessen werden darf. Am Ende aller Lektüre hat man dann bald den Eindruck, dass eigentlich alles Essen schlecht ist ausser die selbstangebaute Gurke (maximal noch eine Avocado) und dass es eigentlich am Besten wäre, man würde gar nicht essen. Lieber Yoga machen und von Luft leben.
Im Rahmen meiner beruflichen Tätigkeit habe ich mich auch mit essgestörten Patienten auseinandergesetzt und davon gesprochen, wie wichtig es sei, eine gesunde Einstellung zur Nahrung aufzubauen. Davon, man solle achtsam mit Essen umgehen. Doch um ehrlich zu sein, das fiel mir selbst irgendwie schwer.
Als 8-jährige habe ich von heute auf morgen beschlossen „keine Tiere mehr zu essen“. Ein Grundstein der Auseinandersetzung mit der Herkuft der Nahrung war damals schon gelegt. Doch das war es dann auch nicht. Nach 8 Jahren hatte ich Mangelerscheinungen und begann wieder damit Fleisch zu essen.
Doch ein „achtsamer Umgang“ damit gelang mir nicht. Denn: was bedeutet das denn? Achtsam etwas zu essen was auf dem Teller liegt mag ja sicher viel mit dem gegenwärtigen (Geschmacks-) Erlebnis zu tun haben. Sehen, riechen, schmecken. Achtsamkeit üben soll ja bedeuten im Hier und Jetzt zu sein, in der Gegenwart, im aktuellen Moment. Schweiften meine Gedanken allerdings leicht davon ab und ich dachte über die Herkunft des Fleisches nach… Naja dann veränderte sich der Geschmack zu einem solchen, den ich dann lieber nicht mehr ganz so achtsam wahrnahm.
Insofern kann ich zumindest Teile der Denkweise von Vegetariern und Veganern nachvollziehen (auch wenn mir der Umfang und die teilweise Rigorosität Einiger dann deutlich zu weit geht). Ein guter Freund von mir allerdings, spricht über die Energie, die dem Fleisch innewohne und dass das eine sei, die er nicht aufnehmen wolle. Führe ich mir den Transport von Rindern, Schweinen oder Hähnchen zum Schlachthof vor Augen, sowie das darauffolgende Szenario… Auch wenn man nicht von „Energie“ sprechen möchte, so kann man es auch auf der rein physiologischen Ebene betrachten. Stress. Adrenalin. Übersäuerung des Fleisches. Egal wie man es nennen will: macht mich nicht an.
Naja, dachte ich mir dann, vielleicht hilft ja der Blick nach vorne? Geht´s mir in den nächsten Stunden oder Tagen besser wenn ich Fleisch gegessen habe?
Hm… Ich bin an der Uni zu sehr in Forschung und Statistik gedrillt worden um nun zu behaupten mein Energiemangel habe am Konsum von Fleisch aus Supermärkten gelegen. Vielleicht lag es auch an der Stimmunglage oder daran, dass mein Hintern oft mit dem Bürosessel zu verschmelzen drohte.
Seitdem ich den Jagdschein gemacht habe, habe ich vermutlich noch drei Mal Rindfleisch im Restaurant bestellt und nie wieder Fleisch im Supermarkt mehr gekauft. Das ist für mich der Inbegriff echten Luxus. Das ist ein Privileg. Mit keinem Geld der Welt zu bezahlen.
Es ist ein Privileg, die Chance zu haben, die Art und Weise wie das Stück verendet, selbst zu bestimmen. Dadurch, dass ich den Schuss darauf selbst verantworte. Dadurch, dass ich alles daran setze, das Risiko eines Fehlschusses so weit ich das nur kann, auf ein Minimum zu reduzieren. Durch das Training der eigenen Schiessfertigkeiten, durch den Einsatz von tauglichem Equipment, dadurch dass ich nur dann (aktiv) zur Jagd zu gehe und einem Stück Wild einen Schuss antrage, wenn ich selbst in einer adäquaten körperlichen Verfassung bin.
Es ist ein Privileg, genau jenes Stück, bei welchem ich selbst erlebt habe, wie entspannt es zum Beispiel auf der Wiese äste und den Knall im wahrsten Sinne im Optimalfall nicht mal mehr gehört hat dann zu versorgen, zu bergen, zu zerwirken und dann selbst essen zu dürfen.
Diese Erlebnisse sind jene, die mir den wahrlich achtsamen Umgang mit Lebensmitteln – mit hochwertigem Fleisch – ermöglicht haben.
Heute kann ich über den Ursprung dessen, was auf meinem Teller liegt, nachdenken. Ich kann auch darüber lächeln, was mir diese Nahrung Gutes tut. Heute muss ich nicht mehr darüber nachdenken, was, wann, wo und wieviel ich essen kann. Heute nehme ich mir Selbsterlegtes mit zur Jagd und bruzel es mir vorher bevor ich losgehe. Schwelge dabei in Erinneurungen an vergangene Jagderfolge und freue mich bereits, dass mir das Essen die Kraft gibt, die ich im Idealfall einige Zeit später zum Bergen eines neuen Stückes Wild brauche.
Das bedeutet für mich in Beziehung sein. In Beziehung sein mit dem Lebensraum, in dem wir leben dürfen.
Ich habe meine Quelle gefunden.